Kastration

Kastration

Im Alter von etwa 12 bis 18 Monaten werden Hengste geschlechtsreif. Nur eine geringere Zahl der heranwachsenden Hengste wird zur Zucht eingesetzt oder bei einer sogenannten Hengst-Körung vorgestellt. Bei den anderen Junghengsten entscheidet man sich in der Regel für eine Kastration. Hengste werden kastriert, um sexuelle Merkmale ihres Territorialverhaltens zu entfernen und damit ihr biologisches Sozialverhalten im Herdenverband zu verändern. Für die Tiere ermöglicht das ein Leben in der Gruppe, ohne sozialen Stress, welcher beim Pferd als Herdentier eine große Rolle spielt. Die Kastration des Hengstes wird auch als Legen bezeichnet. Durch die Entfernung der Hoden wird in den Geschlechtsorganen kein Geschlechtshormon-Testosteron mehr gebildet, die Pferde werden ruhiger und umgänglicher.

Eine Kastration wird in der Regel im Alter zwischen zwei und vier Jahren vorgenommen. Für diesen Eingriff sollten die Pferde in einer guten körperlichen Verfassung sein. Eine Impfung gegen Tetanus ist sehr wichtig, eine vorherige Entwurmung, empfehlenswert. Um die Gefahr von Infektion und Heilungsverzögerung zu reduzieren, wählt man für die Kastration eher die kühlere Jahreszeit. Denn die Wärme kann vermehrte Schwellung induzieren und die Wunde von Insekten befallen werden.

Arten der Kastration

In der Vergangenheit wurde die sogenannte unblutige Kastration der Hengste durchgeführt. Dabei wird der Samenstrang gequetscht, so dass die Samenleiter (Ductus deferens) und Blutgefäße zerstört werden. Diese Methode zog häufig Komplikationen mit sich, nicht zu Letzt, dass die Befruchtungsfähigkeit erhalten blieb, wenn der Eingriff nicht sachgemäß durchgeführt wurde.

Heutzutage wird diese Art der Kastration nicht mehr praktiziert, dafür aber eine Vielzahl anderer, sogenannten blutigen Kastration- bzw. Operationsmethoden.

Bei einem chirurgischen Eingriff sollten sowohl Hoden als auch Nebenhoden entfernt werden. Beide sind von Scheidenhautfortsatz überzogen (Tunica vaginalis communis) und nach außen hin von der Haut (Hodensack, Skrotum). Abhängig von der gewählten Methode wird der Hodensack am Operationsende entweder offen gelassen oder vernäht. So unterscheidet man zwischen einer offenen bzw. einer geschlossenen Kastration. Wird zum Entfernen der Hoden auch der Scheidenhautfortsatz geöffnet, bezeichnet man dies als unbedeckte Kastration. Wenn der Scheidenhautfortsatz, vor dem Absetzen des Hodens mit dem Samenstrang abgebunden wird und dadurch verschlossen bleibt, nennt man das bedeckte Kastration. Sowohl die bedeckte als auch die unbedeckte Kastration kann offen oder geschlossen durchgeführt werden, in Abhängigkeit der persönlichen Präferenz des Tierarztes, aber auch von der äußeren Umgebung in welcher die Kastration durchgeführt wird.

Im Regelfall findet die offene Kastration im Stall oder auf der Weide statt, die geschlossene dagegen in einer Tierklinik. Eine offene Kastration kann sowohl am stehenden Pferd unter Sedation als auch im Liegen unter Vollnarkose durchgeführt werden.

Eine Kastration am stehenden Pferd ist angesichts der Risiken für das Pferd und den Tierarzt nicht mehr zeitgemäß. Sie wird meistens bei Junghengsten bis zu einem Alter von maximal drei Jahren durchgeführt und nur unter ausdrücklicher Zustimmung des Besitzers.

Entscheidet man sich für die offene Kastration in Vollnarkose (gleichwohl ob im Stall, auf der Wiese oder in einer Klinik), so kann man das Operationsfeld viel gründlicher reinigen und desinfizieren, dann wird bedeckt oder unbedeckt kastriert.

Bei der offenen Kastration, welche üblicherweise in einer hygienisch nicht ganz einwandfreien Umgebung stattfindet (Wiese, Stall), wird die Kastrationswunde (Hodensack) nicht verschlossen, weil sich die möglicherweise eingedrungenen Keime in der verschlossenen Wunde gut vermehren können. Die Wundschwellung ist bei dieser Form der Kastration meist größer. Der Besitzer muss nach der Operation das Pferd bewegen und die Wunde gegebenenfalls spülen, damit die Wundschwellung abnimmt. Das Risiko von Samenstrangfisteln und Blutungen ist recht hoch bei dieser Kastrationsmethode.

Bei der geschlossenen Kastration unter Vollnarkose in einer Klinik wird die Kastrationswunde (der Hodensack) nach unbedeckter oder in aller Regel bedeckter Kastration, durch eine Naht verschlossen. Denn in der sterilen Umgebung eines Operationsraumes ist dem Eindringen von Keimen in die Operationswunde vorgebeugt. Im Normalfall ist der Heilungsverlauf komplikationsloser als bei der offenen Kastration und der Besitzer muss zu Hause so gut wie keine Nachbehandlung durchführen.

Die bedeckte und die unbedeckte Kastration unterscheiden sich darin, wie man nach dem Öffnen des Hodensacks operiert. Bei der bedeckten Kastration werden die Hoden inklusive des Scheidenhautfortsatzes entfernt und anschließend der Samenstrangstumpf und die verbleibende Scheidenhaut zusammen abgebunden (ligiert) werden. Bei der unbedeckten Kastration wird der Scheidenhautfortsatz geöffnet und die Hoden aus der Scheidenhaut entfernt. Die Scheiden wird offengelassen und nur der Samenstrangstumpf abgebunden (ligiert). Eine bedeckte Kastration ist unserer Ansicht nach, für die Klinik, die Methode der Wahl.

Ein möglicher Vorteil der unbedeckten Kastration könnte das Vermeiden einer Nahtmaterial-Unverträglichkeit sein. Diese ist jedoch aufgrund der modernen, gut verträglichen Nahtmaterialien, zu vernachlässigen. Hierbei besteht vielmehr ein großes Risiko des Darmvorfalls aus dem eröffneten Scheidenhautfortsatz. Denn dieser ist ein Teil der inneren Auskleidung der Bauchhöhle und bildet daher eine direkte Verbindung dorthin.

Es empfiehlt sich Hengste ab etwa drei Jahren in einer Klinik unter Vollnarkose kastrieren zu lassen. Altersgemäß ist der Samenstrang schon relativ kräftig ausgebildet und der Leistenspalt, durch den der Samenstrang aus der Bauchhöhle zu den Hoden verläuft, eher groß. Damit steigt das Risiko für Komplikationen, wie Blutungen, Fisteln und Darmvorfälle.

Auch kryptorche Hengste, bei denen ein oder beide Hoden im Leistenspalt oder in der Bauchhöhle verblieben sind, sollten in einer Klinik operiert werden. Denn dabei handelt es sich um eine Bauchhöhlenoperation, die unter sterilen Kriterien erfolgen sollte. Hierfür siehe Kapitel Laparoskopie.

Hengste sind nach der Kastration noch für eine gewisse Zeit fruchtbar (nach der herrschenden Literatur sogar bis zu 2-3 Wochen). Daher sollten sie anfangs von Stuten getrennt werden. Das Hengstverhalten lässt, in Abhängigkeit vom Alter in welchem die Kastration stattfand, unterschiedlich schnell nach. Die jüngeren Hengste sind schon nach einigen Wochen sichtbar ruhiger. Bei älteren Hengsten, insbesondere wenn sie in einem Alter nach zehn Jahren kastriert werden, dauert die „Beruhigungsphase“ wesentlich länger. Bei manchen bleibt das Hengstverhalten noch in gewissem Umfang vorhanden, weil sich über die Jahre das Verhaltensmuster in die Psyche eingeprägt hat. Auch dies sollte, zur Vermeidung der Verletzungen in der Herde, berücksichtigt werden.

Formular OP- & Narkoseaufklärung „Kastration“