Atypische Weidemyopathie

Vorstellung des Falls:

Der Patient, ein zweijähriger Kaltbluthengst, wurde abends in Seitenlage liegend und apathisch gefunden und wollte nicht mehr aufstehen. Nach dem ersten Besuch der Haustierärztin konnte lediglich eine erhöhte Pulsfrequenz wie auch eine verminderte Darmtätigkeit festgestellt werden. Bei der rektalen Untersuchung stellte sie eine leichte Aufgasung des Blinddarms fest. Nach Verabreichung von entkrampfenden Medikamenten ging es dem Patienten kurzfristig besser. Einige Stunden später in der Nacht, gegen 1:30 Uhr, lag der Patient in Seitenlage fest und verdrehte die Augen, woraufhin nun der Haustierarzt erneut kam und den Verdacht einer muskulären Ursache äußerte und das Pferd zu uns an die Klinik überwies. Hier angekommen, war das Pferd vom Verhalten sehr apathisch, verhielt sich nicht seinem Alter entsprechend, hatte eine geringgradige Erhöhung der Herzfrequenz und Atemfrequenz. Rektale Untersuchung und Ultraschall vom Bauch waren ohne besonderen Befund. Das Blutbild brachte dann mehr Erkenntnis. Die für diesen Fall interessanten Werte waren die Kreatinkinase (Muskelwert) und der Kreatininwert (Nierenwert), beide Werte waren so hoch, dass es das Laborgerät nicht mehr in Zahlen angeben konnte. Als nächstes wurde dann per Harnkatheter Harn entnommen, und dieser war rot-bräunlich verfärbt.

Zum Vergleich rechts der Urin bei der Eingangsdiagnostik und links im Bild nach Infusionstherapie

Verdachtsdiagnose Vergiftung durch Bergahorn, eine sogenannte Atypische Myopathie

Das Pferd wurde dann mit Entzündungshemmern und zuckerhaltigen Infusionen therapiert und hat glücklicherweise so überlebt. Jedoch kann eine Vergiftung mit Bergahorn auch tödlich ausgehen! Dieser Fall war der fünfte innerhalb eines halben Jahres bei uns in der Klinik. 3 Patienten wurden uns im Herbst vorgestellt, von diesen haben zwei überlebt. Zwei Patienten wurden uns im Frühjahr vorgestellt, wobei der hier vorgestellte Patient überlebt hat, ein zweites Pferd aus einem anderen Bestand aber leider nicht gerettet werden konnte.

Seit einiger Zeit ist schon bekannt, dass im Herbst Hypoglycin A, ein Toxin (Gift), in den Samen des Bergahorns zu finden ist. Seit kurzem weiß man auch, dass im Frühjahr die Sprößlinge des Bergahorns dieselben Vergiftungssymptome hervorrufen können. Besonders in diesem Frühjahr wurden viele Fälle in Deutschland gemeldet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Haben Sie auf Ihrer Koppel Bergahorn entdeckt, raten wir diesen zu entfernen, oder die Pferde im Herbst und Frühjahr nicht auf dieser Koppel grasen zu lassen, um eine Vergiftung zu verhindern.

Sollten bei Ihrem Pferd Symptome wie Inappetenz (kein Appetit), Bewegungsunlust, vermehrtes Schwitzen oder Schwäche auftreten, sollten Sie nicht nur an Kolik denken, sondern nach einem rot-braunen Urinabsatz bei Ihrem Pferd schauen. Denn dann ist eine Vergiftung mit Bergahorn wahrscheinlich und muss sofort entsprechend behandelt werden.